28. April 2020
Freiheit der Kunst versus politische Korrektheit?
Die erste Reaktion ist schnell zur Hand, Kunst ist frei, muss ergo auch nicht politisch korrekt sein. Aber ist es so einfach, wie es auf den ersten Blick scheint? Wie ist es mit Balthus und seinen erotischen Bildern von offensichtlich minderjährigen Mädchen? Wie war das 2004 mit Thomas Hirschhorn und seiner Intervention in Paris, als ein Poster von Blocher bepinkelt wurde?
Sie sehen, die Antwort ist wie so oft ein «Ja aber» – es kommt darauf an. Keine Freiheit ist grenzenlos. Auch die Freiheit der Kunst hat Limiten, obwohl sie prominent in der Bundesverfassung im Artikel 21 verankert ist. Wie überall in der Rechtsprechung geht es um Güterabwägungen. Die Freiheit der Kunst steht in Abwägung zu Persönlichkeitsrechten oder zu Rechten von Sitte und Anstand oder Religionsfreiheit.
Solche Konflikte zwischen Kunst und anderen Bereichen des sozialen Lebens, sind nicht per se negativ. Sie können und sollen Diskurse befeuern und allenfalls auf politische Missstände hinweisen. Das ist durchaus eine Aufgabe der Kunst respektive der Kunstschaffenden. Es darf ruhig etwas piksen in der gestylten Welt des Wohlstandsbürgers.
Leider ist der Grat zwischen genialer künstlerischer Provokation und plumper politischer Effekthascherei schmal. Was aber macht gute politische Kunst aus? Eine schwierige Frage, die immer wieder neu gestellt werden muss und deren Antworten erst Jahre später in einer Rückschau zu finden sind. Gute Beispiele: Hans Haacke, Jenny Holzer, Andrea Fraser, oder die Guerilla Girls.
Ungebrochen wird politische Kunst geschaffen. Ob sie später als gut beurteilt wird, bleibt abzuwarten. Seit einigen Jahren dreht sie sich im Wesentlichen um sogenannt politisch korrekte Themen, die hauptsächlich dem Schutz von Minderheiten geschuldet sind. Die «guten» Themen sind schnell aufgezählt: Kapitalismuskritik, Feminismus, Genderfragen, Migration, Postkolonialismus und Klimawandel.
Das Dilemma dabei, die kritisierten Sachverhalte sind in der Intellektuellen Szene breit akzeptiert, politisch korrekt und quasi widerspruchslos in den akademischen Kanon integriert. Das heisst, die Kritik richtet sich allenfalls an eine ländlich konservative Bevölkerungsschicht. Doch diese interessiert sich selten für politisch konnotierte, zeitgenössische Kunst. Das Ganze bleibt also eine selbstreferenzielle Angelegenheit.
Eigentlich schade, denn politische Kunst hat viel von ihrem einstigen Biss eingebüsst. Einerseits sind die alten Feindbilder in Auflösung begriffen und andererseits lenken staatliche Förderschwerpunkte die Kunst in politisch korrekte Bahnen.
Untenstehend finden Sie eine Fotostrecke.
Sie zeigt Beispiele von «unseren» Künstler/innen, die teilweise im politischen Kontext zu verstehen sind:
Flurina Hack, Barbara Kiener, Pat Noser, Schang Hutter
Schang Hutter, der Verletzlichkeit Raum geben,
Ausstellung 2019, in der Papieri Biberist