24. April 2020

Im Corona-Tief – wir sind reif für die Insel 

Schlendernd durchstreifen wir den duftenden Pinienwald auf der Insel Poquerolles. Auf einmal stossen wir auf ein simples Holzschild mit der Aufschrift: Exposition d’Art Contemporain. Haha, da will wohl eine/r den Touristen farbige Bilder von Segelbooten verkaufen. Kurz darauf stehen wir vor einem massiven Eingangstor mit der Aufschrift, Fondation Carmignac. Was sich dahinter verbirgt, übersteigt unsere kühnsten Erwartungen.

Poquerolles liegt an der Côte d’Azur, vis à vis von Hyères. Ein grosser Teil der Insel steht unter Naturschutz. Es findet sich kaum ein Auto, umso mehr ein malerisches Dorf mit Restaurants und weisse Sandstrände wie in der Karibik, kurz ein kleines Paradies. Und mitten in den Pampas – die Fondation Carmignac, ein zeitgenössischer Kunstschatz vom Feinsten.

Erst im Jahr 2018 wurde diese Kunstsammlung der Öffentlichkeit zugänglich gemacht. Sie ist in einer edel umgebauten Landhaus-Villa untergebracht, umgeben von einem grosszügigen Skulpturengarten. Beim Eintreten gilt es als erstes die Schuhe auszuziehen. Das gehört zum sinnlichen Erlebnis der Ausstellung. Man taucht ins Untergeschoss ab, dessen Boden mit Steinplatten aus Meeressedimenten ausgelegt ist. Die Decke ist aus Glas, bedeckt mit Wasser. Die Sonne spiegelt die kleinen Wellen auf dem Sediment-Fussboden. Der Eindruck entsteht, wir laufen oder schwimmen auf dem Meeresgrund, wie Fische oder Krabben.

Freund/innen exklusiver Kunst kommen voll auf ihre Rechnung. Freilich ist sie wie jede teure Sammlung männerlastig. Von El Anatsui, Basquiat, Naumann, Polke, Richter bis Warhol sind alle dabei. Im Obergeschoss sehen wir eine feine Einzelausstellung von Sarah Lucas und im Aussenbereich grosse Skulpturen von Ugo Rondinone, Olaf Breuning, Jaume Plensa und vielen anderen mehr.

Nochmals zurück im Untergeschoss oder Unterwasser-Geschoss: Eingepasst in der Apsis kommt uns ein überdimensionales (3.5 x 15 m) und  halb figurative Gemälde von Miquel Barceló entgegen. Es stellt eine Unterwasserwelt dar. Der Eindruck ist phänomenal, barfuss auf dem Sediment-Boden, das von der Sonne spiegelnde Wasser, zusammen mit dem raumfüllenden Unterwasser-Bild ergeben ein unvergessliches Gesamterlebnis.

Nun sitzen wir da in Bern, schreiben Blogs, träumen von Poquerolles und hoffen, das Covid-19 möge sich verziehen und den Weg für einen erneuten Besuch in der Fondation Carmignac freigeben. (Siehe Fotos unten).
Der Titel der diesjährigen Show lautet: «La Mer imaginaire». Das Aufgebot an Kunstschaffenden ist vielversprechend, sogar Paul Klee ist dabei.

Fondation Carmignac

Maurizio Cattelan und Hans Ryser in der Fondation Carmignac

Hans Ryser und Maurizio Cattelan

Maurizio Cattelan und Hans Ryser in der Fondation Carmignac

in der Fondation Carmignac