23. April 2020
Das Dilemma der Kunstmuseen mit den Ausstellungsvideos
Es gibt unzählige Videos zu den eindrücklichen Sammlungen vieler Museen. Oft werden Werke aus dem 19. Jahrhundert oder älter und manchmal aktuelle Ausstellungen von lebenden Künstler/innen gezeigt. Virtuelle Rundgänge zu derzeitigen Grossausstellungen, z.B. von Edward Hopper, sucht man meist vergebens, bestenfalls findet man ein kurzes Einführungsvideo der Kuratorin, die vor einem Werk steht. Warum ist das so?
Schlicht, weil es für ein Museum teuer wird. Der Grund sind die Urheberrechtsgesetze. Ein Museum in Berlin wurde im Jahr 2015 auf 200'000 Euro Schadenersatz verklagt, weil es einen 31-sekündigen Werbefilm auf YouTube stellte, worin Werke von Salvador Dali gezeigt wurden. Gemäss geltendem Recht, sind die Werke der Künstler/innen bis siebzig Jahre nach ihrem Tod urheberrechtlich geschützt. Für jede Abbildung, Vervielfältigung und Verbreitung eines Werkes fallen Gebühren an.
Sogenannte Verwertungsgesellschaften übernehmen die Umsetzung des Urheberrechts. In der Schweiz die ProLitteris, in Deutschland die VG Bild-Kunst. Für ein Video, das eine grössere Anzahl von Werken zeigt, werden im Handumdrehen einige Tausend Franken an Urheberrechtsgebühren fällig. Hinzu kommen die Produktionskosten für ein professionelles Video. Das ist viel Geld für ein Museum, dem in dieser Zeit die Einnahmen durch Eintritte fehlen.
Grundsätzlich ist das Urheberrecht eine gute Sache für die Kunstschaffenden. Es schützt sie und ihre Werke vor unerlaubten Nachbildungen und ermöglicht ihnen eine Beteiligung am Erfolg, den Dritte mit ihren Werken erzielen. Es gibt allerdings Kunstschaffende, die bewusst auf die Wahrnehmung ihrer Rechte durch eine Verwertungsgesellschaft verzichten. Sie bewerten die grössere Sichtbarkeit, welche die kostenlose Verwendung ihres Bildmaterials bedingt, höher als die Entschädigung durch das Urheberrecht.
Aus dem Geschäftsbericht der ProLitteris 2017 stammen folgende Zahlen: Die gesamten Einnahmen der Schweizer Verwertungsgesellschaft für Literatur und bildende Kunst beliefen sich auf 36.4 Mio., davon entfielen 1.64 Mio. auf Einnahmen aus Bildrechten. Die ausbezahlten Entschädigungen an Kunstschaffende betrugen 1.29 Mio. Insgesamt eine eher kleine Summe, wenn diese mit der Anzahl von 150'000 anspruchsberechtigten Künstler/innen ins Verhältnis gesetzt wird. Das ergibt im Durchschnitt etwas über CHF 8.- pro Kopf. Zu bedenken bleibt das biblische Prinzip: «Denn wer da hat dem wird gegeben werden...» Math. 25.29
Es folgen zwei Beispiele:
1.) Wie oben beschrieben, eine kostenoptimierte Variante
Edward Hopper, Fondation Beyeler
2.) Ein ausführliches Video, das in Absprache zwischen Museum und Künstlerin entstanden ist. Die Künstlerin selbst führt durch ihre Ausstellung.
Kunsthaus Langenthal
«Céline Manz. 9 espaces distincts»
Videorundgang durch die Ausstellung
Bitte halten Sie den Einstieg aus, es lohnt sich.